Same same but different

Bisher habe ich kaum etwas von den Beobachtungen bezüglich des Alltagslebens in Vietnam berichtet, die wir gemacht haben. Das möchte ich nun nachholen. Wir hatten zwar (noch) keinen engeren persönlichen Kontakt, aber mit offenen Augen und Ohren durch die Straßen zu gehen reicht schon, um einen Eindruck zu bekommen.
Laut Reiseführer sind die drei wichtigsten Dinge im Leben eines Vietnamesen die Ahnenverehrung, das Geschäft und die Familie, und zwar in dieser Reihenfolge. Das können wir nur bestätigen. Ob Souvenirladen, Restaurant/Garküche oder Hotel – immer sind es Familienbetriebe, bei denen von der Oma bis zum Teenager alle mithelfen. Oft genug sind die Läden quasi der erste Raum des Hauses, in dem die ganze Familie lebt. Und oft genug ist es der mit Abstand größte Raum und den Menschen bleibt selbst nur noch ein Zimmerchen, in dem alle schlafen. Daher sind z.B. oft Fernseher in einer Ecke des Raumes aufgebaut, vor denen sich die Familie versammelt, wenn gerade kein Kunde zu bedienen ist (oder wenn sie beschließt, dass jetzt eben mal kein Kunde bedient wird). Obligatorisch ist auch ein kleiner Altar mit Götterstatuen, Räucherstäbchen und Lebensmitteln, die als Opfer gebracht werden. Um diese Altäre wird sich mit Hingabe gekümmert, immer frisches Obst, immer glimmende Räucherstäbchen. Ahnenverehrung hat eben Priorität.
Da die Menschen oft so beengt wohnen, spielt sich der größte Teil des Alltagsleben buchstäblich auf der Straße ab. Es gibt zwar meistens Gehwege in den Städten, als Fußgänger muss man aber trotzdem auf der Straße gehen, weil die Gehwege für alles andere genutzt werden, nur nicht für ihre eigentliche Bestimmung. Oft sieht man den Boden nicht mehr vor lauter Mopeds, die dort geparkt werden, und Plastikstühlchen, auf denen die Einheimischen sitzen und reden, essen, schlafen, rauchen oder mit was man sich sonst so den Tag vertreibt, während man auf Kunden für sein jeweiliges Geschäft wartet.
Ich war zu Beginn in Hanoi überrascht über das idyllische Vogelgezwitscher, das trotz Verkehrslärm überall zu hören war – bis ich herausfand, woher es kommt: Über fast jeder Eingangstür hängen winzige Vogelkäfige, in denen jeweils ein bis zwei Vögel gehalten werden. Erstaunlicherweise singen die meisten trotz ihres beengten Lebensraumes sehr eifrig. Als Dekoration verbreitet sind auch Aquarien mit Fischen, die aber oft viel zu klein für ihre Bewohner sind. Tierfreunde sollten da besser die Augen schließen.
Ein nicht besonders ästhetisches, aber dennoch wichtiges Thema sind die – sagen wir mal – sanitären Einrichtungen. An schmutzige Toiletten und fehlendes Klopapier haben wir uns ja schon in Südamerika gewöhnt, aber öffentliche asiatische Toiletten setzen da nochmal eins drauf. Wobei von draufsetzen eben gerade nicht mehr die Rede sein kann, denn es gibt oft keine Kloschüsseln, sondern nur in den Boden eingelassene Porzellanbecken mit Loch in der Mitte und Platz für die Füße links und rechts. Selbsterklärend, wie die benutzt werden müssen. Das ist natürlich für Frauen deutlich mühsamer als für Männer und setzt eine gewisse Gelenkigkeit voraus. 😉 Das beste ist aber die „Klospülung“: Nix mit Knopf drücken und Wasser kommt, nein, selber schöpfen ist angesagt! In der Deluxeversion hat jede Kabine ihr eigenes Wasserfass, normalerweise gibt es aber ein großes Wasserfass für alle Kabinen. Zu dem geht man dann nach getaner Arbeit und holt sich eine Schöpfkelle voll Wasser, um nachzuspülen. Da die meisten das offenbar recht schwungvoll machen, ist der Boden solcher Toiletten eigentlich immer nass. Man sollte daher nicht allzu dünnes Schuhwerk tragen, um nicht direkt in der Pfütze stehen zu müssen. Auch die Duschen sind recht interessant, denn es gibt häufig keine Duschkabinen, sondern nur einen Duschkopf mit Schlauch im Bad und einen Abfluss im Boden. Heißt: Vor dem Duschen alles, was nicht nass werden soll, aus dem Bad räumen und nach dem Duschen erstmal warten, bis das Wasser einigermaßen abgelaufen ist, bevor man das Bad wieder nutzen kann. Das hatten wir jetzt schon mehrmals in unseren Unterkünften und ich muss sagen, es ist ziemlich nervig. Ich hatte ja eigentlich gedacht, ich hätte schon genug Bescheidenheit auf der Reise gelernt und wüsste alle vorher so selbstverständlichen Dinge zu schätzen. Nun, ich hatte mich geirrt, denn jetzt freue ich mich auch noch über Kloschüsseln und Duschkabinen. Welch glückliches Leben liegt da vor mir… 😉

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