Great Ocean Road

Nachdem ich die Great Ocean Road im vorherigen Beitrag nur kurz erwähnt hab, will ich jetzt nochmal genauer erklären, was das eigentlich ist. Praktischerweise kann ich mittlerweile auch aus erster Hand berichten, denn wir sind sie gestern und heute selbst gefahren. 🙂
Die Great Ocean Road (GOR, das wird mir sonst auf Dauer zu blöd zum Tippen) ist erstmal nur eine Straße an der Südspitze Victorias westlich von Melbourne, zwischen den Orten Torquay und Warnambool. Sie geht nicht durchgehend direkt an der Küste entlang, so dass man das Meer sehen kann, sondern teilweise auch durch Farmland und Regenwald. Was macht sie so besonders, dass sie zu den Top 3 der Sehenswürdigkeiten Australiens gezählt wird? Nun, zum einen die schöne Landschaft, durch die sie führt. Breite Sandstrände und türkisblaues Wasser, dann wieder grüner Regenwald mit Farnen und riesigen Eukalyptusbäumen – ein Farbenfest fürs Auge. Besonders schön natürlich bei Sonnenschein, da hatten wir heute mehr Glück als gestern. Vor allem die Küstenabschnitte sind berühmt, da die Steilküste aus Sandstein besteht, der so weich ist, dass er von den ewig dagegenbrandenden Wellen in beeindruckende Formen geschliffen wurde und immer noch wird. Höhepunkt hierbei sind die „Twelve Apostels“, Sandsteinfelsen im Meer, die einmal zur Festlandküste gehört haben und vom Meer umspült wurden. Leider sind es aber keine zwölf mehr, denn der Nachteil an weichem Sandstein ist, dass er irgendwann, wenn das Meer ihn zuweit unterspült hat, instabil wird und zusammenbricht. Das letzte Mal ist das 2005 passiert. Insgesamt sieht man mit gutem Willen noch sechs Apostel und ein Apöstelchen, die anderen sind nur noch traurige Steinhaufen im Meer. Es erinnert mich an das Lied von den zehn kleinen Negerlein… Auch andere Steinformationen haben gelitten, so ist z.B. die „London Bridge“, einst eine stolze Steinbrücke mit zwei Bögen, schon vor meiner Geburt in der Mitte durchgebrochen. Wer sich das ganze in verbliebener Pracht ansehen will, sollte sich also beeilen – oder ein paar tausend Jahre warten, bis das Meer neue Apostel und Brücken geschaffen hat!
Neben den „Twelve Apostels“ und Co bietet die GOR auch ein paar hübsche Ferienorte mit Badestränden, Straßencafes und Surfershops, die wir allerdings immer möglichst schnell durchfahren haben, da sich hier die Hauptsaisontouristen zusammenballen. Dafür haben wir dank einer bestens informierten Routenplanerin – nämlich meine Wenigkeit – an einer sehr unscheinbaren Straße angehalten, an der man laut Infobroschüre Koalas sehen soll. Und tatsächlich haben wir vier Stück durch die Eukalyptusblätter erspähen können! Wirklich knuddelig, aber auch furchtbar faul. Einer hat sich zumindest hingebungsvoll am Ohr gekratzt, die anderen drei haben noch nicht mal ein Auge aufgemacht und saßen die ganze Zeit schlafend in ihrer Astgabel. Trotzdem süß. 🙂
Was die GOR aber auch noch besonders macht: Sie gilt als größtes Kriegsdenkmal der Welt. Die ursprüngliche Straße wurde nämlich nach dem Ersten Weltkrieg von über 3000 Kriegsheimkehrern in mühevoller Handarbeit mit Spitzhacke und Schaufel aus dem Felsen geschlagen und den gefallenen Kameraden gewidmet. Damals entstand eine einspurige Schotterstraße, auf der der Verkehr stundenweise in die eine oder die andere Richtung fahren durfte. Mittlerweile ist die GOR eine zweispurige geteerte Straße, aber die Vorstellung, wie die Soldaten damals vermutlich ihre Trauer und die schlimmen Erinnerungen durch die körperliche Schwerstarbeit verdrängen wollten und sich zentimeterweise durch den Felsen arbeiteten, ist trotzdem noch sehr berührend.
Insgesamt muss man aber auch ehrlicherweise sagen, dass die Werbeleute ihren Job bei der GOR gut gemacht haben, denn da wurde jedes noch so kleine erwähnenswerte Detail in beeindruckenden blumigen Beschreibungen verarbeitet. Wir waren von der „Topsehenswürdigkeit“ GOR am Ende ein klein wenig enttäuscht, denn es war zwar schön, aber halt nicht wirklich top. Ich glaube, Australien hat doch noch aufregendere Dinge zu bieten als diese Straße.
Heute vormittag haben wir auch noch einen Abstecher in den Otway Nationalpark gemacht und den „Otway Fly“ besucht – den höchsten und längsten Baumwipfelpfad der Welt! Auf dem höchsten Turm waren wir in 47 Metern Höhe, konnten aber trotzdem nicht über die Baumkronen sehen, weil noch höhere Eukalyptusbäume um uns rum standen, genannt „Mountain Ash“. Diese Bäume sind quasi die Mammutbäume Australiens – und ja, irgendwie ist unsere Reise von großen Bäumen geprägt. Ob Araukarien, Kauri oder Mountain Ash, wir hatten sie alle! 😉 Das Lustige an diesen Eukalyptusbäumen ist, dass sie zwar sehr hoch werden (sie wachsen bis zu einem Meter pro Jahr), aber oft nicht wirklich dick. Man geht praktisch durch einen Wald voller riesiger Zahnstocher, die im Wind entsprechend stark schwanken. Das genaue Gegenteil der Kauribäume in Neuseeland also.
Wie wir jetzt nach der GOR weiterfahren, wissen wir immer noch nicht genau. Heute nacht sind wir in Peterborough untergekommen, morgen fahren wir das letzte, recht unspektakuläre Stück auf der GOR und suchen uns dann eine Touristeninfo, um den Rückweg nach Sydney zu planen.

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