Araukanien – was bisher geschah…

Was haben wir nun bisher so gemacht? Tja, schon unsere Ankunft war einigermaßen turbulent. Wir kamen am Montag morgen nach achteinhalb Stunden Fahrt mit dem Nachtbus aus Santiago in Curacautin an. Es war etwa halb sieben, es war kalt – und es war sehr einsam um uns rum. Alle Geschäfte hatten noch geschlossen, kein Auto war unterwegs. Nur die storchenartigen Vögel, die es hier überall gibt, fingen einer nach dem anderen an, von den Dächern herunterzukrächzen. Was für ein schöner Willkommensgruß! Alles, was wir wussten, war, dass von Curacautin aus Busse zur Andenrose fahren, Haltestelle „Puente Manchuria“. Mithilfe eines Taxifahrers fanden wir auch tatsächlich den Weg zum Busbahnhof (wobei diese Bezeichnung eindeutig überdimensioniert ist). Nun muss ich kurz erwähnen, dass mein Spanisch zwar um einiges schlechter ist, als ich im Vorhinein gedacht hatte, dass die Chilenen es einem aber auch wirklich nicht leicht machen. Sie sprechen einen schnellen Singsang, lassen gern die letzten Silben weg und nuscheln überhaupt alles ganz furchtbar. Als ich also am Fahrkartenschalter meine sorgfältig zurechtgelegte Frage vorbrachte, ob von hier Busse zur Puente Manchuria fahren würden, ergoss sich ein kurzer, aber heftiger Wortschwall über mich, an dessen Ende ich den Fahrkartenmann wie ein verschrecktes Kaninchen mit großen Augen ansah und nur noch ein „No comprendo…“ rausbrachte – „Ich verstehe nicht.“ Mit Händen und Füßen konnte ich schließlich herausfinden, dass der erste Bus dorthin um neun fährt, wir also fast zwei Stunden zu warten hatten. Na toll! Nach nicht mal einer Stunde rannte dann aber der Fahrkartenmann raus und steckte uns samt Gepäck in einen Bus, der gerade angekommen war. Wir hatten zwar kein gutes Gefühl dabei ( wie war das mit neun Uhr?), aber er würde es wohl wissen. Nach etwa zwanzig Minuten Fahrt hielt der Bus plötzlich an und ehe wir uns versahen, standen wir samt Gepäck wieder auf der Straße. Der Busfahrer hatte nicht mal etwas verlangt. Als wir uns umsahen, dämmerte uns auch, warum: Wir standen vor dem falschen Hotel. Was auch immer da am Ende des Kieswegs war, es war nicht die Andenrose. Da wir nicht einmal wussten, ob wir die Straße weiter oder wieder zurück gehen mussten, blieb uns nichts anderes übrig, als zu dem Hotel zu gehen. Dort wurden wir von einer Frau empfangen, die eigentlich ganz nett war, allerdings einen großen Makel hatte – auch sie sprach Chilenisch. Also ergoss sich die nächste Wortdusche über uns, der wir nichts entgegen zu setzen hatten. Immerhin kannte sie die Andenrose und wir begriffen, dass wir die Straße etwa fünf Kilometer zurück gehen mussten. Der Busfahrer hatte uns also viel zu weit gefahren, wahrscheinlich hatte er uns zwischenzeitlich vergessen. Mussten wir jetzt wirklich mit unseren Koffern zurück latschen? Die Frau bemühte sich redlich um ein Gespräch, fuchtelte mit den Armen in der Gegend rum und sagte immer wieder etwas von einem „wu“. Offenbar würde uns dieses wu dabei helfen, zur Andenrose zu kommen. Und offenbar war dieses wu unten an der Straße zu finden. Schließlich gab sie auf und marschierte kurzerhand vor uns her zur Straße runter. Wir waren gespannt, denn anscheinend würden wir nun das mysteriöse wu sehen… Die Ernüchterung folgte auf dem Fuß, denn sie blieb vor der Bushaltestelle stehen! Das wu war also nichts anderes als ein Bus. (Versteht ihr jetzt, was ich mit furchtbarem Dialekt meine?) Immerhin wartete sie mit uns auf den nächsten Bus, der bereits nach wenigen Minuten kam – ich hatte ja befürchtet, ungefähr eine Stunde dazustehen und zu warten – und erklärte dem Busfahrer in aller Deutlichkeit, wo wir hinwollten. Nett von ihr. Wir fuhren also die Straße wieder zurück und kamen nach etwa fünf Minuten tatsächlich zu einem Schild „Andenrose“. Diesmal mussten wir zahlen, satte 1000 Pesos. Das sind zwar nicht mal zwei Euro, aber wie wir mittlerweile wissen, kann man für den Preis eigentlich deutlich weiter fahren. Egal, Hauptsache endlich da! Als wir zur Andenrose kamen, war allerdings sonst niemand da. Es gab keine Rezeption wie in den anderen Hotels, nur einen großen Raum, der gleichzeitig Restaurant und Aufenthaltsraum war. Wir stellten also unser Gepäck dort hinein und machten es uns in den Liegestühlen vor der Tür bequem. Irgendwann würde ja wohl jemand kommen… Ungefähr eine Stunde später durften wir dann Hans kennenlernen, den Wirt der Andenrose. Er hatte uns zwar schon in den Liegestühlen gesehen, uns aber für andere Gäste gehalten, die an diesem Morgen abreisten, und sich nur ein wenig gewundert, dass die ihr Gepäck schon runtergebracht hatten (es war natürlich unser Gepäck). Wie wir schnell gemerkt haben, ist er immer so zerstreut, vielleicht weil er immer mindestens fünf Sachen gleichzeitig macht und dabei gerne mal was durcheinandergeht. Wir bekamen also kurzerhand auch Frühstück serviert, wofür wir auch sehr dankbar waren, schließlich hatten wir zum letzten Mal am Sonntag mittag richtig gegessen.

An diesem Montag haben wir sonst nicht mehr viel gemacht außer in der Sonne liegen und lesen, denn die Nachtfahrt und die Aufregung am Morgen waren anstrengend genug. Wie schon erwähnt waren wir bis Mittwoch die einzigen Gäste und hatten das Hotel für uns. Am Dienstag wollten wir dann das schöne Wetter nutzen und ein wenjg wandern gehen. Wir gingen etwa eine Stunde bis zu einem Wasserfall, dann war Wandern auch schon wieder vorbei, denn Flo hatte Holz zum Schnitzen gefunden. Die nächsten zwei Stunden verbrachte ich damit, auf verschiedenen Steinen zu sitzen (je nach momentanem Wunsch im Schatten oder in der Sonne) und mich in Geduld zu üben, aber irgendwann wurde es mir dann doch zu blöd und ich drängte zum Aufbruch. Eigentlich wollten wir dann noch mit dem Bus in das Dorf Lonquimay fahren, als wir aber an der Bushaltestelle standen, hielt plötzlich ein Auto in der anderen Richtung an und wollte uns offensichtlich mitnehmen. Hans hatte uns schon gesagt, dass man hier überall gut per Anhalter unterwegs sein könne, nun wurden wir sogar quasi unfreiwillig zum Anhalter gemacht. Wir entschieden uns spontan, aus Spaß mitzufahren, und kamen so wieder nach Curacautin, also genau in die entgegengesetzte Richtung wie Lonquimay. Da wir sowieso ein paar Dinge einzukaufen hatten und Curacautin von unserer Unterkunft aus die nächste Einkaufsmöglichkeit ist, passte uns das aber ganz gut. Zurück ging es dann mit dem Bus, der uns diesmal auch tatsächlich an der richtigen Haltestelle rausließ.

Am Mittwoch dann wettermäßig ein harter Kontrast zu den beiden vorherigen Tagen, statt strahlendem Sonnenschein Dauerregen. Besonders schlimm fanden wir das aber nicht, so hatten wir wenigstens Zeit, um ein paar liegengebliebene Dinge zu erledigen: Wäsche waschen, Fotos sichern und in den Blog hochladen, nebenbei Karten spielen oder kniffeln. So einen „faulen“ Tag hatten wir auf unserer ganzen Reise noch nicht gehabt, einfach mal kein Programm haben und dabei auch nicht das Gefühl haben, etwas zu verpassen.
Da es am Donnerstag immer noch regnete, ich aber dann doch nicht zwei Tage nur rumsitzen wollte, entschieden wir, in die Therme von Malalcahuello zu gehen. Hier im Vulkangebiet gibt es nämlich auch jede Menge heiße Quellen. Der Eintrittspreis ist zwar mit umgerechnet 23 Euro pro Person ganz ordentlich, wir haben es aber trotzdem nicht bereut. Stundenlang im heißen Wasser schwimmen und sich von den Blubberdüsen den Rücken massieren lassen – schööön! Gegen 14 Uhr hatten wir dann sogar das exklusive Vergnügen, die Therme für uns allein zu haben, denn alle anderen Besucher gingen zum Mittagessen. Eine Stunde später war es aber wieder vorbei mit der Ruhe, denn da rückte eine ganze Schulklasse an.

Am Freitag stand dann eine Jeeptour durch den Nationalpark Conguillo auf dem Programm. Warum man dafür einen Jeep braucht, haben wir schnell gemerkt, als wir dank miserabler Straßenverhältnisse im Auto auf- und abhüpften wie zwei Gummibälle. Durch den Regen der letzten zwei Tage kamen wir auch immer wieder an riesige Pfützen, durch die der Jeep hindurchpflügte. Apropos Regen: Den hatten wir leider auch größtenteils. Das trübte die Freude an dem Ausflug etwas, vor allem weil die eigentlich so tollen Aussichten auf die Seen und Vulkane natürlich bei grauem Wolkenhimmel nicht wirklich toll waren. Aber wir sind ja schon seit Rio dran gewöhnt, kein Glück mit den Aussichten zu haben (Ausnahme: Machu Picchu). Es war aber trotzdem beeindruckend, durch diese seltsame Landschaft zu fahren, die von den Vulkanen geformt wurde. Es gibt riesige schwarze Lavafelder, die wie aus einer anderen Welt aussehen und in denen man Brocken findet, bei denen man sich kaum vorstellen kann, dass die tatsächlich mal vom Vulkan durch die Luft geschleudert wurden. Der letzte Ausbruch des Llaima (der zweitaktivste Vulkan Südamerikas) war übrigens 2008, ist also noch gar nicht lange her.
Am Samstag war das Wetter wieder etwas besser. Daher wollten wir endlich unseren Plan in die Tat umsetzen und eine Fahrradtour machen. Mit geliehenen Mountainbikes machten wir uns auf den Weg zur Laguna Blanca, einem angeblich sehr schönen See in den Bergen. Was für eine bescheuerte Idee! 25 Kilometer sind es von der Andenrose bis zum Eingang des Privatgrundstücks, auf dem der See liegt. Davon sind allerdings nur fünf auf der Teerstraße, der Rest geht über bucklige Schotterpisten und die meiste Zeit bergauf. Uns tat natürlich bald alles weh, vor allem der Allerwerteste bestand gefühlt nur noch aus Schmerzrezeptoren. Mehrmals waren wir drauf und dran, aufzugeben, kämpften uns aber tapfer weiter, bis wir nach etwa dreieinhalb Stunden Fahrt (die letzten beiden Kilometer praktisch nur noch schiebend) endlich bei diesem Grundstück ankamen. So weit, so weh – nur war es dann schon zu spät, um noch die letzten sieben Kilometer bis zum See zu gehen. Die Straße, das wussten wir vorher schon, war nämlich ab dort zu schlecht zum Fahrradfahren, wir hätten aber eh keinen Meter weiterfahren können. Also machten wir nur Pause, unterhielten uns mit einem Praktikanten aus Köln, der auf dem Grundstück arbeitet – es ist ein seeehr großes Grundstück – und machten uns dann quasi unverrichteter Dinge wieder auf den Heimweg, ohne die Laguna Blanca gesehen zu haben.  Für den Heimweg brauchten wir glücklicherweise nur ungefähr eine Stunde, denn es ging ja jetzt die meiste Zeit bergab. Allerdings ist bergabfahren auf einer Buckelpiste mit ungefedertem Mountainbike und eh schon geschundenem Körper auch nicht ganz so lustig… An diesem Abend hatten wir uns das Essen wirklich verdient!

Ja, und heute waren wir mit einem anderen deutschen Paar unterwegs, das wir hier im Hotel kennengelernt haben. Die haben einen Pickup als Mietwagen und uns angeboten, sie zu begleiten. Wenn wir nochmal herkommen würden, würden wir uns auf jeden Fall auch ein Auto nehmen, denn ohne versäumt man einfach zu viel. Immer auf die unzuverlässigen Busse angewiesen zu sein, ist nervig, und zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommt man ja nicht wirklich weit. Nun ratet mal, wo wir mit ihnen hingefahren sind? Genau, zur Laguna Blanca! Es war wirklich interessant, den gleichen Weg nochmal mit dem Auto zu fahren und dabei zu wissen, dass man das alles mit dem Fahrrad geschafft hat. Ja, wir waren schon ein bisschen stolz auf uns. 🙂 Und diesmal haben wir dann auch den See gesehen, der wirklich sehr schön zwischen den Bergen liegt.

So, jetzt wisst ihr, was man in einer Woche Araukanien so alles machen kann. Morgen fahren wir dann wieder mit dem anderen Paar weiter nach
Pucon. Das hat sich zufällig so ergeben, dass die auch am Montag dorthin fahren, was für uns natürlich sehr praktisch ist, weil wir sonst wieder stundenlang mit Bussen durch die Gegend gegurkt wären. In Pucon bleiben wir dann noch eine Woche, auch von dort aus kann man Wanderungen in den Nationalparks machen (von denen gibt’s hier jede Menge) und die Natur genießen. Hoffentlich bleibt das Wetter jetzt länger schön. Sonst hab ich eben wieder viel Zeit, um Fotos hochzuladen. 😉

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