We could see him!

Tja, da sind wir nun endlich in Rio, das Hotel liegt nur ein paar Schritte von der Copacabana, dem Inbegriff von Sonne, Strand und Urlaubsspaß entfernt – und es regnet den ganzen Tag! Ob ihr uns dafür jetzt ehrlich bedauert oder lieber schadenfroh grinst, bleibt euch überlassen. Beides ist aber eigentlich nicht angebracht, denn das schlechte Wetter schenkt uns ganz eigene Momente. Einen besonders magischen Moment durften wir heute ganz unverhofft erleben, wie ich euch kurz schildern will.
Die beiden größten und bekanntesten Touristenattraktionen Rios sind zweifellos der Zuckerhut und die Christusstatue auf dem Corcovado. Von beiden Orten hat man normalerweise einen atemberaubenden Blick über die Stadt. Wenn das Wetter schön ist, was in unserer Vorstellung von Rio 365 Tage im Jahr der Fall ist. Dieses Jahr sind es leider nur 363, denn heute und morgen regnet es. Da wir aber nun mal genau jetzt in Rio sind, fuhren wir trotzdem zum Corcovado. Mit dem Bus für weniger als einen Euro quer durch die Stadt, etwas abenteuerlich, da es hier keine festen Fahrpläne gibt und man sich zum Einsteigen quasi vor den gewünschten Bus werfen muss, um auf sich aufmerksam zu machen. Am Corcovado angekommen, wollten wir die Tickets für die Fahrt mit der Bahn hinauf zur Statue kaufen, wurden aber von dem Verkäufer freundlich darauf hingewiesen, dass das Wetter so schlecht sei, dass man oben weder die Stadt noch die Statue sehen könne. Er sei dazu verpflichtet, uns das vorher zu sagen, da wir keinen Anspruch auf Erstattung wegen schlechtem Wetter hätten. Nett von ihm – aber wie gesagt, wir können leider nicht auf besseres Wetter warten, da wir eben genau jetzt in Rio sind, also kauften wir die Tickets trotzdem. Ich meinte noch zu Flo: „Vielleicht hat der liebe Gott ja ein Einsehen und schiebt die Wolken kurz weg.“ Wir trösteten uns dann mit der Vorstellung, praktisch allein dort oben zu sein. Das klappte auch ganz gut, bis die etwa zwanzigköpfige indische Reisegruppe zu uns in den Waggon stieg und die etwa zwanzigköpfige japanische Reisegruppe in den Waggon dahinter. Naja, dann eben nicht alleine…
Wir bereuten unsere Entscheidung aber nicht, denn die Fahrt hinauf zur Statue geht quer durch den Dschungel, vorbei an riesigen Bäumen und jeder Menge uns unbekannter Pflanzen. Durch die offenen Fenster roch es richtig nach Urwald. Wer wissen will, wie das riecht, muss nur in Hellabrunn ins Tropenhaus gehen. 😉 Während ich darauf wartete, dass sich Tarzan mit einer Liane um die Ecke schwang, fühlte sich Flo an Rambo erinnert. Klischee lässt grüßen…
Oben angekommen hechteten wir an den Indern und Japanern (die zum Glück alle den Lift nahmen, das verschaffte uns Zeit ^^) die Treppenstufen hoch, um wenigstens einen Moment allein genießen zu können. Man sah tatsächlich nicht viel von der Statue, weil sie in weiße Wolken gehüllt war. Aber dann, gerade als wir hochblickten, lichteten sich die Wolken und gaben die Statue frei! Wir staunten und fühlten uns seltsam berührt: Es schien wirklich, als ob Christus kurz auf uns herabblicken würde. Etwa eine halbe Minute hatten wir die Gelegenheit, sein Gesicht zu sehen, dann zogen die nächsten Wolkenschwaden heran und machten die riesige Statue wieder praktisch unsichtbar. Als die anderen Touristen die Aussichtsplattform erreichten, war der Moment schon vorüber und sie mussten sich damit zufriedengeben, die Umrisse der Statue durch die Wolken zu erahnen. Was für ein besonderer Moment! Das Foto, das dabei entstanden ist, ist mir auf jeden Fall mehr wert als jedes Schönwetterfoto, dass sich sowieso tausendfach in Büchern und Prospekten findet. Da störte es auch nicht, dass von der Stadt tatsächlich überhaupt nichts zu sehen war – wir blickten auf ein weißes Wolkenmeer, als ob wir in einem Flugzeug sitzen würden. Wieder unten angekommen (netterweise beglückte uns die etwa zwanzigköpfige indische Reisegruppe auch bei der Rückfahrt…) riefen wir dem Verkäufer im Vorbeigehen strahlend zu: „We could see him!“. 🙂
Für morgen haben wir dann eigentlich den Zuckerhut eingeplant, falls das Wetter nicht noch schlechter wird. Aber das lassen wir einfach auf uns zukommen, ändern können wir es ja eh nicht. Oder wie die Brasilianer sagen: Tudo bem!

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2 Antworten zu We could see him!

  1. Mutti sagt:

    I could see him also! – Als Vorspann zum WM-Qualispiel vorgestern. Und Regen haben
    wir auch. Nein, Schmarrn : freue mich über Euer schönes Erlebnis und wünsche
    Euch heute einen schönen Tag mit ein wenig mehr Strandfeeling. Bussi!

  2. Aischa sagt:

    Das klingt total toll! Und mal ehrlich, wenn’s da Traumwetter hat rennen da doch eh nur die ganzen Plastik-High-Society Tussis am Strand rum (und die wollt ihr nicht sehen, beziehungsweise Leni will nicht, dass Flo die sieht :-P), oder ? Echte Traumstrände kommen bestimmt noch genügend!

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